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Mittwoch, 18. Januar 2012

geistiges Sahnehäubchen

Ein kräftiges Hallo von mir an euch.

Wieder einmal konnte ich in der Bibo einen PC ergattern und nutze die Zeit, die ich mal nicht mit Veranstaltungen oder ähnlichem verbringe, zum schreiben.

Meine Erkältung ist immer noch da, aber die Kopfschmerzen sind zum Glück weg und es gibt nichts mehr, das mich beim Lernen behindert.
Zum Thema Lernen: Das Pensum ist ja doch ganz schön und irgendwie lernt es sich im Sitzen am Schreibtisch am besten. ABER: Meiner Wirbelsäule gefällt das alles nicht wirklich. Bis gestern abend war ich schmerzfrei, aber heute hat es wieder angefangen. Ich muss de facto alle 5 Minuten die Sitzposition wechseln, weil ich sonst wahnsinnig werde. Meine Hoffnunf ruht ja nun wirklich auf morgen früh, 7 Uhr. Da hab ich wieder einen Termin bei der Physiotherapie. Die nette Frau müht sich da ja nach Leibeskräften an meiner Wirbelsäule ab, aber den Knick sieht man immer noch. Auf jeden Fall habe ich glaub ich noch 1 oder 2 Behandlungen, damit muss ich dann die 2 1/2 Prüfungswochen überstehen. Ansonsten habe ich noch
a) eine Wärmflasche, die bei akuten Problemen eingesetzt wird
b) ein Nackenkissen, damit der Schlaf erholsam ist und
c) meinen Nachhauseweg. Ich fahre jetz fast keine Straßenbahn mehr, also die eine Haltestelle von mir zur Uni, sondern laufe den Weg.
ich würde also mal behaupten, dass ich mein Bestes gebe. Mal sehen, was mein Körper dazu sagt.
Ich mach mir natürlich auch ein wenig Sorgen. Wenn ich jetzt, mit 20 Jahren schon solche Probleme habe, was wird denn das dann, wenn ich mal 60 oder so bin?? Da müsste ja dann gar nichts mehr mit mir los sein. Hoffen wir mal das Beste.

Gestern habe ich mich mit einer Mexikanerin getroffen, die jetzt seit 2 Jahren in Deutschland wohnt und einen Tandempartnern sucht. Tandem bedeutet hier nicht Fahrradfahren, sondern eine Art von Sprachenaustausch. Sie möchte ihr Deutsch trainiern und ich mein Spanisch. Und in dem Treffen gestern haben wir beide wunderbar in den Sprachen hin- und herwechseln können. Sie hat hier auch einen Freund, ansonsten aber einige Schwierigkeiten, mit der deutschen Kultur klar zu kommen. Ihr kennt ja meine Erzählungen, also die Erfahrungen einer doch recht toleranten deutschen in Südamerika. Das war ja manchmal auch recht lustig bzw. verzwackt.
Jetzt ist hier aber eine Südamerikanerin in Deutschland:
Ihr Hauptproblem, ist die "emotionale Kälte" unter den Deutschen. Sie sagt, die meisten versuchen mit ihr zu reden, sehen, dass sie sie nicht versteht und brechen dann häufig das Gespräch ab, weil die Geduld fehlt.
Weiterhin kommt sie mit ihrer Schwiegermutter nicht so richtig klar. Wann immer die beiden aufeinander treffen, "kritisiert" die Schwiegermutter. "Kind, das Besteck liegt nicht richtig. Dein Hefter sieht ja total zerfleddert aus. Deine Sachen sind ja gar nicht gebügelt........" Da kann man sicher noch vieles hinzufügen.
Was denkt die Mexikanerin? :
Sie wird aus "mala honda" heraus, also mit einem bösen Hintergedanken behandelt und niemand mag sie.
Was denkt (höchstwahrscheinlich) die deutsche Schwiegermami?
"Das ist jetzt die Freundin meines Sohnes, ich behandle sie wie meine eigenen Tochter. Und da kann das doch nicht gehen, dass sie so rumläuft und ihre Arbeitsmittel so heruntergekommen sind. Da mach ich mir doch Sorgen. Ich mag sie und will, dass sie gut angenommen wird."

Wenn man beide Kulturen kennt, kann man den Zusammenhang erkennen. Beide Standpunkte und Denkweisen sind logisch nachvollziehbar.
Ich find sowas faszinierend, weil die Mexikanerin echt erstaunt war, dass man jemanden aus Zuneigung heraus kritisiert. Das ist nichts was sie kennt.
"Ich mag dich, also zeige ich dir deine Schwächen auf". Ich glaube, so eine Art ihr Zuneigung zu zeigen, haben nur die Deutschen =)

Um bei dem Thema der Kultur zu bleiben. Ich hab euch doch im letzten Beitrag von der antirassistischen Hochschulgruppe erzählt. Wir haben uns gegründet, einen Namen gegeben und die "Ämter" verteilt. Ich habe den Posten des Protokollanten "abbekommen". Und die Arbeit, die wir machen ist echt interessant. Weil hier auch genau die "kulturellen" Unterschiede auftreten, die auch Integrationsprozesse nicht so leicht überwinden können.
Es ist zum Beispiel für die beteiligten Internationalen Studierenden relativ schwer nachvollziehbar, dass sich Menschen, die uns zuhören überrumpelt und angegriffen fühlen können. Heute abend findet eine Podiumsdisskussion statt und wir haben im Rahmen der strategischen Planung versucht, ein Konzept aufzustellen. Und genau da kam der Vorschlag, alle aufgetretenen Fälle von Angriffen und Bedrohungen zu benennen. Es kommt leider eine ziemlich lange Liste mit wirklich heftigen Vorfällen zusammen. Und natürlich kommt auch immer Emotion mit ins Spiel, wenn man versucht, diese Thematik zu artikulieren. Aber wie schnell füllen wir als Zuhörer uns schockiert schirmen "geistig" ab, weil wir bis jetzt dachten in einer friedlichen und freundlichen Stadt zu wohnen. Ich weiß nicht, ob diese Mechanismen des Abblockens ein Symptom nur der Gesellschaft in der BRD sind. Aber diese Reaktion zu erwarten, erscheint mir auf jeden Fall realistisch.
Und genau hier ist das Tolle an der Gruppe. Jede Meinung wird gehört. Wir betreiben einen wirklichen, fruchtbaren Meinungsbildungsprozess. Ich weiß wieder, dass ich HIER an DIESER Uni mit DIESEM Studiengang mit DIESEN Leuten absolut richtig bin.
Natürlich verbringe ich wesentlich mehr Zeit als erforderlich auf dem Campus und "vergeude" freie Zeit. Aber genau das ist doch mein Anspruch. Nicht nur die 180 Leistungspunkte für den Bachelor erbringen und auf keinen Fall mehr. Sondern so viel wie möglich mit nehmen und auch über mich selber lernen. Ich bin der Überzeugung, dass ich in dieser Gruppe mehr Soft Skills erlerne, als in irgendeinem Workshop oder Lehrgang. Denn es gibt kaum kritischere oder empfindlichere Themen als Migration und Rassismus in Deutschland.

Im folgenden habe ich den offenen Brief, den die Hochschulleitung zusammen mit uns verfasst hat, hier mal hineinkopiert.

"Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten zum Thema Rechtsextremismus
in Deutschland, aber auch aufgrund persönlicher Erfahrungen von Studierenden, machen wir, Studierendenrat und Hochschulleitung, uns für eine tolerante und engagierte Zivilgesellschaft stark. Als demokratisch gesinnte Bürgerinnen und
Bürger treten wir der rechten Gefahr entschieden entgegen. Wir rufen alle
Zeugen von Angriffen auf internationale Studierende, Menschen mit Migrantionshintergrund oder andere Personen – sei es auf dem Campus oder in
der Stadt – auf, wachsam zu sein und einzuschreiten. Durch Worte, Taten
oder den Hilferuf an die Polizei. Wir stellen uns GEGEN Diskriminierung
und Menschenverachtung jeder Art und stehen FÜR ein vielfältiges
und weltoffenes Miteinander auf dem Campus und in unserer Stadt.
Studierendenrat und Hochschulleitung der Universität Erfurt "

Ich kann leider nicht zu der Diskussion, da hab ich nämlich Qigong. Bei allem Partizipationswillen und -gedanken ist es glaub ich auch nicht falsch, mal einen kleinen Zeitraum für sich und seinen Körper zuhaben. Nennt mich an dieser Stelle gerne egoistisch, aber ich finde das ist wichtig.

Und nachdem ich euch jetzt wieder sehr viel Nachdenk-Stoff verabreicht hab, verabschiede ich mich zu besagtem Qigong-Kurs und wünsche euch noch einen schönen Abend.
Der heutige Beitrag ist deshalb so "politisch" ausgefallen, weil ich auf den letzten ein gutes Feedback bekommen habe.

Euch gefällt das nicht ?? Dann schreibt mir eine Mail und ich werde was verändern.

Bis dahin
Einen schönen Abend und bis bald


Eure Franzi

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