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Sonntag, 22. Mai 2011

Lange Zeit

Hallo ihr lieben Leser.

Ich habe euch eine verdammt lange Zeit vernachlässigt. Der Hauptgrund bestand in meiner Spanischprüfung: DELE, das spanische Äquivalent für den "berühmten" Cambridge-Test. Man könnte eigentlich meinen, dass jemand wie ich, der sich 10 Monate in einem rein spanischsprachigen Land rumtreibt, und fast ausschliesslich nur mit Muttersprachlern zu tun hat, die Sprache mehr oder weniger gut beherrscht.
Ich glaube, dass das normalerweise funktionieren kann, aber bei mir war es halt nich so. Ich habe mich im März in die Sprachschule meines Vertrauens begeben, einen Einstufungstest gemacht (Es gibt drei Niveaus: Beginner, Fortgeschritten und Fast-Muttersprachler - nicht die ofizielle übersetzung, aber so ungefähr kann man das erklären.) Und da hats mich in die Gruppe für das Fortgeschrittenenlevel verschlagen. Na jedenfalls kann ich ausdrücken wie ich heisse.
Im laufe dieses Kurses habe ich mit Entsetzen und einem steigendem Mass an Panik erkennen müssen, was ich eigentlich alles nicht weiss. Sehr deprimierend.
Und nicht das ihr jetzt denkt, dass ich übertreibe. Ich bin hier 10 Monate durch die Gegend gelaufen in dem Glauben es heisst DER wasser, dabei ist es DAS Wasser. Deswegen haben die mich auch immer so seltsam angeschaut, wenn ich mir was zu trinken gekauft habe.

Jedenfalls begann ab sofort der riesen Gaudi: Das Examen besteht aus 5 Teilen, und ich kam vielleicht durch eins davon, ohne durchzufallen. Die Lösung lautete:
Dienstag und Freitag, 2 Stunden Einzelunterricht mit Téte, einer unglaublich tollen Lehrerin und Mittwoch von 15 bis 18 Uhr Gruppenkurs DELE-Vorbereitung. Der Hefter der aus all den übungen und Hausaufgaben und Probeprüfungen entstanden ist, war so fett, dass der nette Mann aus dem Kopierladen, wo ich eigentlich alles am Ende (sprich am Donnerstag) binden lassen wollte, fast verzweifelt ist. Er hatte dann vorgeschlagen die beiden Kurse getrennt zu binden. Der macht auch drei Kreuze, wenn ich hier wegbin. -.-

Aufgrund dieser Prüfung habe ich dann auch meinen Flug nach Deutschland verschieben müssen. Der war ja ürsprünglich für den 21.05 geplant, aber die Prüfung eben auch, zumindest der schriftliche Teil. Also bestand die erste Herausforderung darin, meinen Flug umzubuchen. Eine sehr unterhaltsame Sache: Ich habe erst bei Aerolineas Argentinas (die Fluggesellschaft für Argentinien) angerufen und gefragt, was ich machen muss, um den Flug umzubuchen. Antwort: Kommen Sie bitte auf den Flughafen, wo sich (angeblich) das einzige Büro der Gesellschaft befindet.
Durch reinen Zufall, und weil ich mich doch mal in einen Bus des öffentlichen Transportsystemes gesetzt habe, bin ich an einem Büro mitten im Stadtzentrum vorbeigekommen. Ich raus aus dem Bus und ab in das Büro.
Dort konnte man mir dann doch tatsächlich helfen. Naja, nicht wirklich helfen. Die haben mir gesagt, dass ich bei Lufthansa anrufen soll. Habe ich dann zu Hause auch gemacht. Die meinten ich muss mit Aerolineas Argentinas reden, um das effektiv und wirksam umzubuchen. Prima.
Nach ein paar Tagen habe ich dann im Internet auf so ner Plattform, wo man den Status seiner Flüge checken kann, mal nach geschaut. Da hatte sich (obwohl sich keiner verantwortlich gefühlt hat) offensichtlich doch jemand gefunden, der meinen Flug umgebucht hatte: Donnerstag, 26.05 10:30 von Córdoba nach Buenos Aires, und von dort aus dann nach Frankfurt. Hoffentlich. =)

Daraus ergab sich dann das nächste Problem. Ach was sag ich denn da, das klingt wie Schwarz-Malerei. =) Die nächste Herausforderung: Ich hatte ja auch die Wohnung nur bis 21.05 reserviert. Mhm...... schauen wir mal was damit geworden ist.........

Jedenfalls habe ich mich in das absolut spannendste Feld begeben, dass eine Sprache so hergibt und ausserdem immer mehr und mehr in der Partei mitgearbeitet. Die Häufigkeit der Abende, an denen ich so gegen 23 oder 24 Uhr nach Hause kam, wuchs und wuchs. Und dadurch direkt proportional mein Kaffe- und Matekonsum.

Mit Vera läuft alles ganz hervorragend: Ich kann jetzt Brot backen, Hefeklösse/ Brötchen backen, Eierkuchensuppe, Ratatouille und Kartoffelsalat. Und ich habe die wichtigste Weisheit meines Lebens gelernt:
"MAN MUSS IMMER NOCH IN DER LAGE SEIN, EINEM KIND DIE NASE ABZUWISCHEN!" (das habe ich gelernt beim Brotkneten, das geht nämlich auch prima mit einer Hand...........) Da ich ja nicht wirklich kochen kann, und beim backen, basteln oder anderen kreativen Beschäftigungen auch eher versage, war ich ein wenig besorgt, dass ich nichts zurück geben kann. Jetzt so wissenstechnisch.......Aber siehe da, auch ich bin zu was zu gebrauchen und konnte einiges Wissen in Bezug aufs Tanzen zurückgeben. Salsa, Tango oder Bachata - wann immer Vera eine Frage hatte, konnte ich helfen.

Die Situation in der Wohnung wurde immer komplizierter: Zuerst wollte meine Vermieterin, dass ich Wäsche auswärts wasche. Eigentlich (laut Vertag) hätte ich das in der Wohnung machen können, aber gut. Man muss nicht auf jedem Detail herumreiten. Ausserdem würde ich die Maschine in der Wäscherei sogar bevorzugen. So in Fragen Sauberkeit und Funktionsfähigkeit......
Danach kam der Vorschlag Gas extra zu bezahlen. Das habe ich mal ganz entspannt abgelehnt. Nicht vertragsinhalt.
Dazu kam dann am Donnerstag (19.05 - zur Erinnerung, einen Tag vor meiner Prüfung) der grosse Knall: Aus Gründen die ich hier nicht weiter ausweiten will (würde auch ein schlechtes Gesamtbild auf die Organisation und die Argentiner werfen). Die Situation ist eskaliert, Téte und ich sassen beide heulend im Unterricht anstatt über Grammatik zu reden und da habe ich die Entscheidung getroffen, die Wohnung zu verlassen. In einer gefühlten halben Stunde habe ich alle meine Sachen in die Koffer geschmissen, alles was MEINS eingepackt und die Wohnung in Richtung Tango Hostel verlassen. Dort wohne ich jetzt in einem süssen kleinen Einzelzimmer, direkt neben der Küche und geniesse die letzten Tage meines Argentinien-aufenthaltes.
Die Prüfungen gestern und vorgestern liefen mehr oder weniger gut, einen von 5 Teilen habe ich schon bestanden. Immerhin. -.-

Jetzt, ist aber auch wirklich SCHLUSS mit diesen ernsten Sachen. Gestern abend habe ich meine Abschiedsparty veranstaltet. Ein paar Fakten dazu:
26 Leute auf Facebook eingeladen - davon 12 sichere Zusagen
weitere 8 mündlich eingeladen - davon 6 Zusagen
also insgesamt 18 Gäste, die ihr kommen bestätigt haben.
Davon sind 10 am Ende aufgetaucht. Ausserdem war das Tango Hostel, wo ich gefeiert habe, bis auf das letzte Bett voll. Also jede Menge Leute die mitgefeiert und für Spass gesorgt haben. Der Abend war unglaublich, wir haben getanzt, gefeiert, uns amüsiert (ein Argentiner hat mir seine ewige Liebe gestanden und ist dann vom "was zu Trinken holen" nicht wieder gekommen.)
Da das Hostel zum Glück nicht allzu weit weg war vom Club, ging der Nachhauseweg auch vergleichsmässig schnell.
Der nächste Morgen tat aber dann doch ein wenig weh: Gegen 12 Uhr war ich bei Laura eingeladen, zum Abschieds-Asado. Ich hatte theoretisch meinen Wecker für 9 gestellt, damit ich noch duschen und in Ruhe wieder einen Menschen aus mir machen kann. Der Plan ging nicht auf, ich habe den Wecker einfach mal verschlafen und überhört. Umso grösser der Schreck, als mich Katy 12:12 anrief, ob ich ihre Jacke gefunden hätte, die sie gestern im Hostel verlassen hatte. Ich habe schnell irgendwas aus meinem Koffer-Chaso rausgesucht, Zähne geputzt und gehofft, dass der doch chronisch unpünktliche Argentinier mir mein Zuspätkommen verzeiht. Das war dann auch im Endeffekt nicht weiter schlimm. Wir haben erst gegen 13 Uhr angefangen.

Die ganze Familie war eingeladen, und Alberto hat mit Sicherheit die gesamte Fleischerei für dieses Asado leer gekauft. Alles, was an einem Tier so dran ist und rein theoretisch grillbar ist, hat er heute gegrillt. Unglaublich lecker und so viel, dass ich von allem nur ganz wenig genommen habe, um alles mal zu kosten. Die Innereien-sparte habe ich dann aber grosszügig ausgelassen und nahezu unberührt an Daniel weiter gegeben.
Gestern abend bei der Abschiedsparty flossen schon die ersten kleinen Tränen und heute wollte Laura auch schon anfangen melancholisch zu werden. Aber das leckere Essen und der Wein haben das alles auf Mittwoch, den 25. verschoben. Das wird dann wirklich hart.
Ich weiss, ihr denkt jetzt - was soll das, die hat doch vor 10 Monaten schon mal eine Abschiedsparty gemacht, die sollte wissen, wie das geht. Aber vor 10 Monaten habe ich gewusst, dass und wann ich wieder komme. Das ist ja diesmal nicht so der Fall. Laura hat zwar schon klargemacht, dass sie, sollte sie die Wahl gewinnen, mich im neuen Stadtparlament BEZAHLT einstellen. Aber wer weiss schon, ob sie gewinnt. Und wenn....... Naja, alles doch recht ungewiss. Umso mehr tut es weh, nach Hause zu fahren und ein Teil "zu Hause" gleichzeitig hier zu lassen.

Jetzt haben wir es hier so ungefähr halb 1. Daniel und Gabi haben morgen grosse Prüfung und sind hier immer noch fleissig am Lernen. Ich habe den Fehler begannen, nach 16 Uhr noch Mate zu trinken und sitze hier auch noch wie das reinste Licht. Ich werde den Blog hier jetzt beenden, wohlwissend, dass ich euch noch weitere Teile von meinem Reisetagebuch über die Reise mit meinen Eltern in Argentinien schulde. Jetzt, wo ich im Hostel nicht allzu viel zu tun habe, steht das ganz oben auf meiner Prioritätenliste.

Ich gehe jetzt noch duschen und werde dann hier bei Laura übernachten, jede Minute geniessend. Ich wünsche euch eine gute Nacht, einen schönen Montag und damit einen guten Start in die neue Woche, die für mich auf heimischen Boden enden wird. Wenn dieser bescheuerte isländische Vulkan sich auskäst. Wenn nicht gewinne ich vielleicht noch ein paar Tage hier....... Warten wir mal ab......

Euch alles alles Liebe

Seid gegrüsst

Eure Franzi